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4. Bauen an einer besseren Zukunft (1945 – 1958)

Wiederaufbau

Der Wiederaufbau war eine Mammutaufgabe. Der Mangel an Triebfahrzeugen wurde durch den Kauf von 300 neuen Dampflokomotiven aus Kanada und den USA kompensiert.
Ab 1949 wurde die Elektrifizierung wieder aufgenommen, insbesondere zwischen Brüssel und Städten wie Charleroi, Ostende, Löwen, Lüttich und Namur. Auch die ersten Elektrolokomotiven wurden auf die Schienen gebracht.
Dank der technischen Entwicklung verbesserte sich das Konzept der Fahrzeuge allmählich. Das Zugmaterial wurde sicherer und komfortabler. Die Holzwaggons wurden durch solche aus Metall ersetzt. Es wurden Heizungs- und Sanitäranlagen installiert, die Sitze wurden komfortabler und die Federung und der Schallschutz wurden verbessert.

Werbeplakat für die Elektrifizierung
(SNCB), Capouillard,
Ende 1950er Jahre

 

  • Entwurf für eine Nord-Süd-Verbindung,
    Adrien Canelle (Lithograf) und
    Victor Besme (Architekt), ca. 1850

  • Arbeiten an der Nord-Süd-Verbindung

Nord-Süd-Verbindung

Nach der Wiederinbetriebnahme des gesamten Schienennetzes wurde der Bau der Nord-Süd-Verbindung in Brüssel wieder aufgenommen. Diese Tätigkeiten waren nämlich kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs eingestellt worden.
Die Nord-Süd-Verbindung hat eine lange Geschichte. Bereits 1837 setzte die Stadt Brüssel eine Kommission ein, die die Machbarkeit des Projekts prüfen sollte. Im Jahr 1841 wurde eine Strecke eröffnet, die über die Hauptstraßen führte. Um Zusammenstöße zu vermeiden, lief ein Stellwerksmeister mit einer Flagge und einer Glocke dem Zug voraus, um die Passanten zu warnen. Diese Verbindung wurde 1871 mit der Inbetriebnahme der westlichen Ringbahn aufgelöst.
Dennoch wurde die Bedeutung einer direkten Verbindung zwischen Nord- und Südstation immer deutlicher und es entstanden zahlreiche Pläne. In den Jahren 1895-1901 erarbeiteten drei Kommissionen konkrete Pläne. Am Ende wurde größtenteils das Projekt von Frédéric Bruneel, einem Ingenieur bei den Staatlichen Eisenbahnen, ausgewählt. Aufgrund der langwierigen Enteignungsverfahren begannen die Arbeiten erst 1911. Ende 1915 war der Auftrag abgeschlossen.
Als die deutsche Armee am 14. August 1914 in Belgien einmarschierte, wurde der Bau gestoppt. Viel weiter als ein Viadukt zwischen der Kapellekerk und dem Bahnhof Zuid war man nicht gekommen. 1919 wurde die Nord-Süd-Verbindung einschließlich der Trasse erneut diskutiert. Eine fast gerade Strecke, die unter der Erde oder über ein Viadukt den Fahrspuren oder Parallelstraßen im Zentrum folgen sollte, wurde wegen des sumpfigen Bodens und der Verschandelung des Stadtbildes abgelehnt. Schließlich wurde eine kurvenreichere Strecke gewählt, bei der die Gleise unterirdisch in den hochgelegenen Hügel der Stadt verlegt werden sollten.
Erst 1936 wurde die Arbeit wieder aufgenommen, nachdem ein Jahr zuvor das Nationale Büro für den Abschluss der Nord-Süd-Verbindung gegründet worden war. Nur um dann wenige Jahre später, während des Zweiten Weltkriegs, wieder vorübergehend gestoppt zu werden.
Am 4. Oktober 1952 weihte König Baudouin die sechsgleisige Nord-Süd-Verbindung ein. Die Hauptverkehrsader des belgischen Eisenbahnnetzes bewährte sich sofort und ist heute nicht mehr weg zu denken.
 

Aufmarsch des Autos

In den fünfziger Jahren wurde das Auto bald zum Statussymbol. Anders als vor dem Zweiten Weltkrieg waren Autos nicht mehr nur das Monopol wohlhabender Bürger. Der hart arbeitende Normalbürger konnte sich ebenfalls ein solches Fahrzeug mit vier Rädern kaufen. Ein Auto kostete teilweise das Jahresgehalt eines Arbeiters, aber man konnte dafür sparen und Geld leihen.
Im Jahr 1950 gab es in Belgien bereits 273.599 Autos. Bis 1960 war diese Zahl auf 753.136 gestiegen. Die SNCB nutzte diesen Trend und brachte 1956 den Autoschlafzug auf den Markt.
Der wachsende motorisierte Verkehr nahm immer mehr Platz ein. Es waren nicht länger die spielenden Kinder, oder Menschen, die ihre Einkäufe erledigten oder spazieren gingen, die den Rhythmus der Stadt bestimmten, sondern das Auto. Kopfsteinpflaster wich Beton oder Asphalt, Gebäude wurden abgerissen, Gehwege verengt, Straßenbahngleise zerstört, Parks geopfert… Dem glorreichen Vormarsch des Autos durfte nichts im Wege stehen. Von einer durchdachten Planung war keine Rede. Ab 1958 wurden die ersten Verkehrsprobleme sichtbar.
Die Eisenbahn sah wie ihr Marktanteil allmählich zurückging. Das Expo-Jahr 1958 stellte noch eine Ausnahme dar, denn in diesem Jahr beförderte die SNCB 263,5 Millionen Passagiere, 4,9 % mehr als 1957. Das SNCB hatte ihr Angebot für die Expo angepasst, vor allem am Samstag und Sonntag. Auch die Einwohner aus Regionen fernab von Brüssel hatten die Möglichkeit, einen ganzen Tag in der Hauptstadt zu verbringen.
Aber die Dinge liefen nicht gut für die SNCB. Es wurden mehr und mehr rote Zahlen geschrieben. Im September 1958 billigte die Regierung einen Vierjahresplan. Es wurde unter anderem in die Elektrifizierung und den Austausch von Holzwaggons investiert, aber der Investitionsbedarf für die veraltete Eisenbahninfrastruktur, den Bahnbestand und die Bahnhöfe war um ein Vielfaches höher. Der Verkehrsminister musste sogar zugeben, dass im September 1959 noch tausend Holzwaggons zur Hauptverkehrszeit eingesetzt wurden…
 

Dampfzug definiert noch immer das Bild

Im Expo-Jahr wurden ein Drittel der Personenzüge und die Hälfte der Güterzüge von Dampflokomotiven angetrieben. Die heutigen Lokführer können sich kaum vorstellen, unter welchen Umständen sie im „romantischen“ Dampfzeitalter arbeiten mussten.
„Das Fahrerhaus war sehr spartanisch eingerichtet, hatte oft keinen Sitz und bot keinen Schutz auf der Rückseite. Von vorne war es also sehr warm und von hinten manchmal bitterkalt“, erzählt Maurits Vercauteren. Als Neunzehnjähriger nahm er 1955 erfolgreich an der letzten SNCB-Prüfung für Lokomotivheizer teil. „Das war ein harter Job. Während einer Schicht, die acht bis neun Stunden dauerte, habe ich sieben bis zehn Tonnen Kohle ins Feuer geworfen. Einen Moment lang habe ich überlegte, aufzuhören, aber dank meines Vaters, der ein Lokführer war, habe ich durchgehalten.“ Maurits wurde 1958 Lokführer im Depot Aalst.
Lokführer und Heizer bildeten zusammen ein Team. Sie hatten auch ihre eigene Lokomotive. „Diese Lokomotive wurde geschätzt“, erinnert sich Maurits lebhaft. „Man war eigentlich doppelt verheiratet. Und bei den meisten kam die Lokomotive auf Platz 1. Selbst an unseren freien Tagen gingen wir zum Depot, um zu sehen, ob die Lokomotive in Ordnung war. Wir wurden für pünktliche Fahrten bezahlt. Ein Team, das sich stark verspätet hatte, wurde „ausgemustert“. Man wusstest nicht im Voraus, welche Dienste zu fahren waren.“
1962 wechselte Maurits auf die Diesellokomotive. Ich war froh, dass ich weg war vom Dampf. Dampfzüge sind großartig anzusehen, aber jeder, der Dampflokomotiven gefahren ist, weiß es besser. Es war harte und schmutzige Arbeit. Jetzt werden die Lokführer in Sachen Arbeitskomfort mit ergonomischen Sitzen und Klimaanlagen verwöhnt.“
1958 verfügte die SNCB-Flotte über 1.390 Dampflokomotiven, 159 Elektro- und 201 Diesellokomotiven.

Die Dampfzug-Ära sollte noch eine Weile andauern. Erst 1966 wurde die Dampflokomotive und die oft beeindruckenden Rauchwolken, die sie ausspuckte, bei einer Zugfahrt zwischen Aat und Denderleeuw verabschiedet.

 

 

 

  • Werbeplakat für die Kombination
    „Zug + Auto“ (SNCB), 1960

  • Werbeplakat für den Autoreisezug
    (SNCB), Capouillard, 1961

 

 

 

 

  • Triebfahrzeugführer und Heizer in
    einer Dampflokomotive Typ 10,
    29. September 1956

  • Schild, das Triebfahrzeugführer und
    Heizer vor der Gefahr der
    Oberleitung warnte,
    Mitte 20. Jahrhundert

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