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In einem kleinen Bahnhof …

da lebte Jef Baert

Ich bin jetzt 77 Jahre alt und kann wirklich sehr zufrieden und erfüllt auf meine gute Karriere bei der SNCB zurückblicken. 1953 begann ich dort als Lehrling. Ich machte eine Lehre zum Bahnhofsvorstand und war in der Zwischenzeit Nachrichtenzusteller. Es war meine Aufgabe, die Briefe und Päckchen mit Prioritätsmarken vom Bahnhof, an dem ich arbeitete, nach Hause zu liefern. In dieser Zeit hatte die SNCB noch ihren eigenen Paketdienst. Außerdem übermittelte ich wichtige Telegramme zwischen zwei Bahnhöfen. Und das alles mit dem Fahrrad! 10 Jahre später wurde ich Bahnhofsvorstand der 4. Klasse und das blieb ich mehr als 30 Jahre lang, bis zu meiner Pensionierung.

Wohnen in einem Bahnhof

All diese Jahre habe ich mit meiner Frau und meinen Kindern in einem Bahnhof gewohnt. Das klingt vielleicht komisch, aber es war recht gemütlich und überhaupt nicht teuer. Es war ein Ausgleich für die vielen Aufrufe, die ich bekam, oft auch nachts. Wir bekamen auch teilweise kostenlose Elektrizität und sehr viel Kohle. Die wurde bei uns vor der Tür mit einem speziellen Güterwagen abgesetzt. Es hat schon seine Vorteile, an den Schienen zu wohnen! Ansonsten führte die SNCB Reparaturen an der Wohnung selbst aus.

Während meiner Karriere wechselte ich regelmäßig den Bahnhof. Ich war Bahnhofsvorstand in Waarschoot, Sinaai-Waas, Drongen und letzten Endes in Landegem. Natürlich mussten wir jedes Mal umziehen, aber an sich ging das recht schnell. Unser ganzer Hausrat wurde nämlich in zwei Güterwagen über die Schienen transportiert!

Tagträume in Drongen und geliebtes Landegem

Unsere Zeit in Drongen, in der Nähe von Gent, war ideal für die Familie. Die Kinder erreichten ihre Schule ganz leicht, und auch sonst war alles gut erreichbar. Aber am meisten habe ich den Bahnhof von Landegem geliebt, vor allem wegen seiner Atmosphäre und der Arbeitsweise dort. Ich bin froh, dass ich dort meine Karriere abschließen konnte. Irgendwann wurde mir angeboten, Bahnhofsvorstand erster Klasse in Antwerpen zu werden. Das wäre eine tolle Beförderung gewesen, aber ich wollte doch lieber in meinem Landegem bleiben.

So sieht der Tag eines Bahnhofsvorstands aus

Als Bahnhofsvorstand hatte ich sehr viele unterschiedliche Aufgaben. Ich verkaufte Fahrkarten an Reisende, hielt den Zugverkehr im Auge und informierte die Betriebsleitung über Verspätungen.

Manchmal kamen Reisende mit besonderen Fragen oder Bedürfnissen. Nicht weit vom Bahnhof Landegem war eine Betreuungseinrichtung für Invaliden. Wenn sie zum Bahnhof kamen, versuchte ich, sie so zügig wie möglich zum richtigen Gleis zu begleiten. Die Rollstühle hoben wir mit speziellen Wagen in den Zug. Die Wagen waren bleischwer, vor allem mit dem zusätzlichen Gewicht der Rollstühle! Man muss dazusagen, dass wir damals noch über den Bahnübergang von Gleis zu Gleis gehen mussten. Das war nicht so einfach, aber es machte diesen Leute so viel Freude.

Alt tag

Natürlich wollte ich so wenig Verspätungen wie möglich in meinem Bahnhof. Es war nämlich sehr wichtig, dass die Züge rechtzeitig ankamen und abfuhren. Aber dafür mussten die Uhren im Bahnhof alle dieselbe Zeit anzeigen. Als ich Bahnhofsvorstand war, wurde ich zwei Mal pro Tag angerufen, um die Uhren auf die Mutteruhr abzustimmen. Heute kann man sich das vielleicht nicht mehr vorstellen, aber damals geschah das noch nicht automatisch.

Der Bahnhof hatte damals auch ein Güterdepot. Manchmal kam ein Güterzug, dessen Wagen wir an- und abkoppeln mussten. Meistens hatten wir dafür nicht viel Zeit. In Drongen gab es zum Beispiel kein gesondertes Ausweichgleis, also musste das Rangieren dann stattfinden, wenn gerade keine Reisezüge vorbeikamen. Schnelligkeit war hier das Motto!

Die Technologie von damals

Früher mussten wir die Durchfahrt von Zügen dem nächsten Bahnhof melden, der sich auf unserer Eisenbahnlinie befand. Das taten die Signalgeber vom Stellwerk aus. Das Stellwerk befand sich im Bahnhof und ich war dafür verantwortlich, dass es gut funktionierte.

Um 3 oder 4 Uhr morgens kam der Zugverkehr langsam in Gang. Normalerweise war der Signalgeber der Frühschicht dann schon auf seinem Posten. Er wurde benachrichtigt, wenn ein Zug auf dem Weg zu uns war. Das Klingelsignal wurde nachts in mein Schlafzimmer geschickt. Manchmal geschah es, dass ein Signalgeber zu spät kam um das Signal zurück zum Stellwerk zu senden. So passierte es schon öfter mal, dass ich sehr früh aus dem Bett geklingelt wurde!

Ich erinnere mich noch, dass plötzlich ein sehr modernes Ding im Stellwerk installiert wurde, als ich in Sinaai-Waas stationiert war. Es war ein Relaisstellwerk mit einer optischen Überwachungstafel. Das hieß letztlich, dass dank mehrerer Relais entlang der Schienen meine Überwachungstafel wusste, wo die Züge waren und wann sie durch den Bahnhof fahren würden. Ich konnte alles über die Lichter auf der Überwachungstafel verfolgen. Das war wirklich ein toller Fortschritt und um einiges sicherer!

Heutzutage überwacht man den Zugverkehr über zentralisierte Stellwerke. Daher wurden fast alle örtlichen Stellwerke abgeschafft. Die Signalisierung hat vielleicht eine der gründlichsten Veränderungen durchgemacht. Von vollständig manuellen Handlungen zu fast vollständig automatisierten Systemen.

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